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Ende der fiktiven Abrechnung auch beim Verkehrsunfall?

Nach der bislang gültigen Gesetzeslage und der darauf basierenden Rechtsprechung hat der Geschädigte die Wahl, den Schaden an seinem Fahrzeug konkret oder fiktiv abzurechnen, § 249 Abs. 2 BGB. Konkrete Abrechnung bedeutet, dass dem Schädiger bzw. der dahinter stehenden Haftpflichtversicherung eine Reparaturkostenrechnung über die Instandsetzung des Schadens vorgelegt wird. Bei der fiktiven Abrechnung, auch Abrechnung auf Gutachtenbasis genannt, wird das Fahrzeug nicht, nicht nach Maßgabe des Sachverständigengutachtens ( beispielsweise durch gebrauchte Ersatzteile ) oder nicht gegen Rechnung ( beispielsweise in Eigenregie ) instand gesetzt. Das führt regelmäßig zu dem Ergebnis, dass der Geschädigte vom Schädiger bzw. dessen Haftpflichtversicherung deutlich mehr an Schadensersatz ausbezahlt bekommt, als er für die Instandsetzung des Schadens an seinem Fahrzeug tatsächlich aufgewendet hat. Diese ganz legale Abrechnungsweise bietet allerdings auch die Grundlage für Versicherungsbetrügereien durch manipulierte Verkehrsunfälle.

Nun hat der BGH diese sog. “Überkompensation” jedenfalls für den Bereich des Werkvertragsrechts abgeschafft. In seinem Urteil vom 22. Februar 2018, Az. VII ZR 46/17, hat der 7. Zivilsenat unter Aufgabe seiner bisherigen Rechtsprechung einen Anspruch des Geschädigten auf fiktive Abrechnung seiner Mängelbeseitigungskosten ausgeschlossen und ihn stattdessen auf andere Formen der Geltendmachung seines Schadens verwiesen. Hierzu verweist der BGH auf die Möglichkeit einer Vermögensbilanz ( also Differenz ) zwischen dem Wert der Sache in unbeschädigtem und in beschädigtem Zustand, auf die Möglichkeit der Minderung des Werklohns oder die Möglichkeit der Vorschussforderung für die Reparaturkosten hin.

Der Senat hat zwar ausdrücklich nur für den Bereich des Werkvertragsrechts entschieden. Dennoch kann diese Rechtsprechung auch auf jeden anderen Schadensersatzanspruch durchschlagen. Erste Versuche, die fiktive Abrechnung im Verkehrsunfallschadensrecht abzuschaffen, sind bereits umgesetzt. Die 23. Zivilkammer der LG Darmstadt ist der Auffassung, das im Urteil des BGH enthaltene Verbot der fiktiven Abrechnung sei auch auf andere, nicht im Werkvertragsrecht beruhende Schadensersatzansprüche, insbesondere auf den Ersatz von Schäden aus einem Verkehrsunfall, anzuwenden. Zur Begründung wird unter Bezugnahme auf die Gesetzesmaterialien zu § 249 BGB ausgeführt, in § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB sei nicht die Möglichkeit der fiktiven Abrechnung eröffnet, sondern dem Geschädigten nur die Wahl gegeben worden, statt der Wiederherstellung der Sache den dafür erforderlichen Geldbetrag zu verlangen. Dazu bedürfe es nicht zwingend der fiktiven Abrechnung. Der Schädiger könne seinen Schaden auch anhand einer Vermögensbilanz nachweisen oder einen Vorschussbetrag in Höhe der zu erwartenden Reparaturkosten geltend machen.

Ob diese Rechtsauffassung des LG Darmstadt Bestand haben wird, bleibt abzuwarten. Derzeit befasst sich der 22. Zivilsenat des OLG Frankfurt -Zivilsenate in Darmstadt- mit dieser Frage. Sollte sich der Senat der Auffassung des LG Darmstadt anschließen, dürfte die Zulassung der Revision erfolgen, so dass am Ende der BGH Klarheit zu schaffen hat. Wie der BGH entscheiden wird, ist offen. Sicher dürfte jedoch sein, dass in nächster Zeit vermehrt die Gerichte mit der Rechtsauffassung des LG Darmstadt konfrontiert sein werden, da dessen Entscheidung nicht nur die Überkompensation abschafft, sondern auch dem Versicherungsbetrug durch manipulierte und fiktiv abgerechnete Verkehrsunfälle die Basis entzieht.

EuGH Urteil C 206-12 zur Zustellung einer Klage in Unfallsachen an den Regulierungsbeauftragten eines ausländischen Versicherers

 

Schon bei einem Verkehrsunfall in Deutschland mit einem deutschen Versicherer des Schädigerfahrzeugs ist nicht selten Ärger zu erwarten. Die Bearbeitung des Schadensfalles verzögert sich, der Versicherer zahlt nicht den gesamten Schaden…die Palette möglicher Ärgernisse ist groß. Als Alptraum erwies sich in früheren Tagen ein Unfall im Ausland mit einer dort ansässigen Haftpflichtversicherung des Unfallgegners. Dieser Schrecken ist durch europarechtliche Vorschriften und der weiten Auslegung derselben durch den Europäischen Gerichtshof ( EuGH ) deutlich gemildert worden.

 1.)     Nach der 4. KH-Richtlinie der EU aus dem Jahr 2000 wurden die Mitgliedsstaaten verpflichtet, nationales Recht richtlinienkonform umzusetzen und einen Direktanspruch des Geschädigten gegen den Haftpflichtversicherer des Schädigers einzuführen, soweit ein solcher Anspruch nicht schon bestand. In der Bundesrepublik Deutschland gab es einen Direktanspruch des Geschädigten gegen den Haftpflichtversicherer des Schädigers bereits zuvor, während dies beispielsweise in Großbritannien nicht der Fall war ( aber zwischenzeitlich ist ). Überdies, und das ist von besonderer Bedeutung, wurden die Mitgliedsstaaten verpflichtet, dass der Mitgliedstaat, in dem das Versicherungsunternehmen zugelassen ist, von diesem verlangt, in den anderen Mitgliedstaaten ansässige oder niedergelassene Schadenregulierungsbeauftragte zu benennen, die alle erforderlichen Informationen über Schadensfälle zusammentragen, die auf solche Unfälle zurückgehen, und geeignete Maßnahmen zur Schadenregulierung im Namen und für Rechnung des Versicherungsunternehmens, einschließlich einer entsprechenden Entschädigungszahlung, ergreifen. Dies ermöglichte es dem Geschädigten, seine Ansprüche gegen einen ausländischen Haftpflichtversicherer in seinem Heimatland und vor allem in seiner Sprache geltend zu machen.

2.)      Mit seinem Urteil vom 13.12.07 legte der EuGH die 4. KH-Richtlinie der EU dahingehend aus, dass der Geschädigte eines im Ausland erlittenen Verkehrsunfalls den ausländischen Haftpflichtversicherer des Unfallgegners vor dem sachlich zuständigen Gericht seines Heimatortes in Anspruch nehmen kann, wenn der Haftpflichtversicherer seinen Sitz in einem Land der EU hat und im Unfallland der Direktanspruch gegen den Haftpflichtversicherer gegeben ist.

Beispiel: Ein Geschädigter mit Wohnsitz in Frankfurt am Main erleidet in Brüssel einen Verkehrsunfall, an dem ein in Belgien zugelassenes und bei einem Haftpflichtversicherer mit Sitz in Belgien versichertes Fahrzeug beteiligt ist. Im Streitfall kann der Geschädigte den belgische Versicherer vor dem Amts- oder Landgericht Frankfurt am Main -welches Gericht zuständig ist, hängt vom der Höhe der Klageforderung, dem Gegenstandswert, ab- verklagen. Allerdings ist in materiell-rechtlicher Hinsicht das Recht des Staates anzuwenden, in dem sich der Unfall ereignet hat. Im vorstehenden Beispiel käme also belgisches Schadensrecht zur Anwendung. 

Der Direktanspruch gegen den Versicherer ist in nahezu allen Ländern der EU umgesetzt worden, soweit ein solcher nicht bereits bestand.

3.)      Mit seinem Urteil vom 10.10.13 ( Az. C 306-12 ) hat der EuGH die Rechte des Geschädigten nochmals gestärkt. Während bis dahin die Gerichte eine Klage noch dem Haftpflichtversicherer im Ausland zustellen mussten -eine zeitaufwendige Prozedur- befand der EuGH nun, dass eine Zustellug an den inländischen Schadensregulierungsbeauftragten ausreichend sei. Wörtlich führt die 2. Kammer des EuGH im Urteil vom 10.10.13 aus:

“Art. 21 Abs. 5 der Richtlinie 2009/103/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. September 2009 über die Kraftfahrzeug-Haftpflichtversicherung und die Kontrolle der entsprechenden Versicherungspflicht ist dahin auszulegen, dass zu den ausreichenden Befugnissen, über die der Schadenregulierungsbeauftragte verfügen muss, die Vollmacht gehört, die Zustellung gerichtlicher Schriftstücke, die für die Einleitung eines Verfahrens zur Regulierung eines Unfallschadens vor dem zuständigen Gericht erforderlich sind, rechtswirksam entgegenzunehmen.”

Ein großer Schritt hin zu einer Vereinfachung und Beschleunigung der Abwicklung von Unfallsachen mit Auslandsberührung.

 

 

 

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Haftung Foulspiel beim Fußball

 

Bei einem Fussballspiel setzte ein Spieler zur sog. “Blutgrätsche” an. Er grätschte einem Gegenspieler von hinten in die Beine und trat diesem dabei Schien- und Wadenbein durch. Der offene Splitterbruch musste bislang 14 mal operiert werden. Der Geschädigte klagte vor dem LG Hanau auf Schadensersatz, insbesondere Schmerzensgeld, und machte geltend, es habe sich um ein grobes Foulspiel gehandelt. Das LG Hanau hat die I. Instanz, in der es zunächst ein vom OLG Frankfurt/M. in II. Instanz bestätigtes Grundurteil zur Haftung dem Grunde nach erlassen hatte,  nunmehr mit einem Urteil zur Schadenshöhe abgeschlossen. Der Schädiger wurde, wie beantragt, zur Zahlung eines Schmerzensgeldes von € 100.000,00 und zur Zahlung weiteren materiellen Schadensersatzes verurteilt. Überdies wurde die Feststellung der Ersatzpflicht künftigen Schadens aus dem zugrunde liegenden Ereignis getroffen. 

Zwischenzeitlich hat sich das OLG Frankfurt/M. mit der Berufung gegen das Schlussurteil des LG Hanau befasst. Der Senat hielt das vom LG Hanau im Schlussurteil zugesprochenen Schmerzensgeld in Höhe von € 100.000,00 für vertretbar, sah sich aber zur Wahrung einer einheitlichen Rechtssprechung zur Schmerzensgeldhöhe gehalten, den ausgeurteilten Betrag unter Aufrechterhaltung der erstinstanzlichen Urteils im Übrigen auf € 85.000,00 zu reduzieren.

Dem Verfasser ist kein vergleichbarer Fall in Deutschland bekannt, in dem ein so hohes Schmerzensgeld für eine ähnliche Verletzung ausgeurteilt wurde. Dies mag als Indiz dafür gelten, dass der Genugtuungsfunktion des Schmerzensgeldes vermehrt ein höheres Gewicht beigemessen wird.

Allerdings darf man die in Deutschland ausgeurteilten Beträge nicht mit den Summen vergleichen, die aus US-amerikanischen Verfahren bekannt geworden sind. Das US-Prozessrecht kennt im Gegensatz zum deutschen Prozessrecht keine Kostentragungspflicht des im Verfahren Unterlegenen. Jede Partei trägt ihre Kosten selbst. US-Anwälte rechnen auch nicht nach einer am Gegenstandswert des Verfahrens orientierten Gebührentabelle mit vorgegebenen Gebührentatbeständen ab, wie dies in Deutschland die Regel ist, sondern nach Stundenaufwand mit einem Satz, der $ 300,00 selten unterschreitet. Auch die Vereinbarung eines Erfolgshonorars, das sich nicht selten mit 30% bis 50% der erstrittenen Schmerzensgeldzahlung bemisst, ist nicht unüblich. Schließlich gibt es in den USA kein mit unserem Verständnis vergleichbares Krankenversicherungssystem. so dass der Geschädigte oftmals für seine Heilbehandlungskosten einzustehen hat. Schließlich darf nicht darüber hinweggetäuscht werden, dass viele der spektakulär anmutenden erstinstanzlichen Entscheidungen in der zweiten Instanz auf einen deutlich geringeren Schmerzensgeldbetrag gekürzt werden. Zusammenfassend kann daher festgestellt werden, dass ein in den USA zugesprochenes Schmerzensgeld zu einem erheblichen Teil zur Finanzierung des Prozesses und zur Bezahlung der Behandlungskosten und sonstiger Schadenspositionen des Geschädigten Verwendung findet.

Das vollständige Schlussurteil des LG Hanau kann, wie auch das Grundurteil des LG Hanau und der Beschluss des OLG Frankfurt/M. zur Haftung dem Grunde nach, unter “Urteile” heruntergeladen werden.

 

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Haftung eines Steuerberaters

 

Das LG Limburg hat ein eine Steuerberatungsgesellschaft wegen Schlechterfüllung des Mandats zum Schadensersatz verurteilt. Eine Steuerberatungsgesellschaft war für eine in Deutschland ansässige pharmazeutisches Unternehmen tätig, das eine 100%-ige Tochtergesellschaft einer in den Niederlanden ansässigen Holding  ist. Eine weitere 100%-ige Tochtergesellschaft der Holding ist in Luxemburg ansässig. Die Steuerberatungsgesellschaft erledigte die Buchhaltung der deutschen Tochtergesellschaft und fertigte deren Jahresabschlüsse an. Sie hatte überdies Kenntnis von den jährlichen “Annual Reports”, die von der deutschen Tochtergesellschaft an die niederländische Muttergesellschaft geschrieben wurden. Im Rahmen ihrer steuerberaterlichen Tätigkeit verbuchte sie auch -korrekt!!- Lizenzzahlungen der deutschen Tochtergesellschaft an die luxemburgische Tochtergesellschaft im 7-stelligen Bereich, die für die Herstellung und den Vertrieb pharmazeutischer Erzeugnisse der luxemburgische Tochtergesellschaft in Deutschland zu zahlen waren.

Im Rahmen einer Außenprüfung des zuständigen Finanzamts bei der in Deutschland ansässige Firma stellte der Prüfer fest, dass keine Anmeldung über den Steuerabzug bei Vergütungen an beschränkt Steuerpflichtige nach § 50 a EStG getätigt worden und demgemäß die fälligen ESt.-Zahlungen unterblieben waren. Auch lag kein Freistellungsantrag nach § 50 g EStG vor. Die Folge war neben der Nachzahlung der ESt. in Höhe eines 6-stelligen Betrags auch der Erlass einer sog. Verfallsanordnung und eines Verspätungszuschlags über zusammen ca. € 15.000,00, das die in Deutschland ansässige pharmazeutische Firma zu zahlen hatte. Auf Grund eines nachträglich eingereichten Freistellungsantrags nach § 50 g EStG wurde die geleistete Nachzahlung der ESt. vom Finanzamt an die Mandantin zurück erstattet. Der Steuerberater riet nicht zur Erhebung einen Widerspruchs gegen die Verfallsanordnung und gegen den Bescheid über einen Verspätungszuschlag ab, so dass diesre Bescheid in Rechtskraft erwuchs.

Auf den Betrag des von der Mandantin an das Finanzamt geleistetene Abschöpfungbetrag und geleisteten Verspätungszuschlags in Höhe von ca. € 15.000,00 nahm die Mandantin die Steuerberatungsgesellschaft wegen Schlechterfüllung des bestehenden Mandats in Regress.

Das Landgericht hat die Rechtsverteidigung der Steuerberatungsgesellschaft, sie sei nicht mit der Fertigung einer ESt.-Anmeldung nach § 50 a EStG oder eines Freistellungsauftrags nach § 50 g EStG mandatiert gewesen, als unbeachtlich gesehen. Ein Steuerberater, so führte die Kammer aus, hätte bei Lizenzzahlungen an ein ausländisches Unternehem, das für ihn erkennbar mit der mandantin verbunden war und die er ordnungsgemäß verbucht hatte, erkennen können und müssen, dass eine ESt.-Anmeldung nach § 50 a EStG erforderlich war. Er hätte anhand der gefertigten jährlichen “Annual Reports”  auch erkennen können und müssen, dass es sich um Zahlungen innerhalb verbundener Unternehmen innerhalb der EU handelte, für die § 50 g EStG eine Freistellungsmöglichkeit vorsieht. Hierauf hätte er die Mandantin, wenn das Mandant schon nicht umfassend erteilt gewesen sein sollte, hinweisen und auf eine Mandatsausweitung zur Fertigung der entsprechenden Erklärungen nach § 50 a EStG bzw. § 50 g EStG drängen müssen. Jedenfalls aber hätte er Widerspruch gegen die Verfallsanordnung und gegen den Bescheid über einen Verspätungszuschlag erheben müssen, weil ihm erkennbar war oder gewesen sein musste, dass durch die Rückerstattung der Einkommenssteuerzahlung durch das Finanzamts auf Grund des nachträglich gefertigten Freistellungsantrags nach § 50 g EStG keine Raum mehr für eine Verfallsanordnung oder einen Verspätungszuschlag war.

Das Urteil kann über den nachstehenden Link heruntergeladen werden.

Urteil LG Limburg 29.11.13

 

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Forderungen in der Insolvenz

Wer zum Zeitpunkt der Eröffnung eines Insolvenzverfahrens über das Vermögen seines Schuldners einen vermögensrechtlichen Anspruch gegen diesen hat, ist Insolvenzgläubiger. Als solcher kann er Forderungen im Insolvenzverfahren anmelden. Regelmäßig werden die Gläubiger, soweit sie sich aus den Buchhaltungsunterlagen des Schuldners entnehmen lassen, nach Insolvenzeröffnung von dem gerichtlich bestellten Insolvenzverwalter angeschrieben und unter Beifügung eines Anmeldeformulars ausgefordert, binnen einer bestimmten Frist ihre Forderungen schriftlich anzumelden. Der Insolvenzverwalter fordert aber nicht nur zur Anmeldung bestehender Forderungen auf. Er kann mitunter auch geleistete Zahlungen des Schuldners vom Gläubiger im Wege der Insolvenzanfechtung zurückverlangen.

 

Ablauf des Insolvenzverfahrens

Das Insolvenzverfahren wird bei dem Amtsgericht, in dessen Bezirk der Schuldner seinen Wohnsitz oder im Falle einer juristischen Person seinen Sitz hat, geführt. Es wird nur auf Antrag eingeleitet. Antragsberechtigt sind der Schuldner, aber auch der Gläubiger. Gründe für die Beantragung eines Insolvenzverfahrens sind die Zahlungsunfähigkeit oder die drohende Zahlungsunfähigkeit des Schuldners, bei einer juristischen Person auch die Überschuldung.

Nach Antragsstellung trifft das Amtsgericht häufig zunächst Sicherungsmaßnahmen und bestellt einen vorläufigen Insolvenzverwalter. Dessen Aufgabe besteht in der Sicherung des Vermögens und in der Prüfung, ob hinreichend Masse vorhanden ist, um die Kosten des Insolvenzverfahrens zu decken. Ist dies nicht der Fall, wird der Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens mangels Masse abgewiesen.

Wird das Insolvenzverfahren eröffnet, geht den Gläubigern der Eröffnungsbeschluss zu. Darin werden sie ua. aufgefordert, binnen einer gesetzten Anmeldefrist ihre Forderungen beim Insolvenzverwalter anzumelden. Eine verspätete Forderungsanmeldungen ist möglich, wegen der erforderlichen zusätzlichen Prüfung jedoch mit Kosten verbunden.

Die Forderungsanmeldung ist auf einem Formularblatt vorzunehmen. Die entsprechenden Belege ( Bestellungen, Lieferscheine, Rechnungen ) sind beizufügen. Sofern bereits ein Vollstreckungstitel gegen den Schuldner besteht, ist dieser ebenfalls dem Insolvenzverwalter vorzulegen. Zinsen können stets nur bis zum Tag der Insolvenzeröffnung angemeldet werden.

Bestehen Sicherungsrechte ( Pfand, Eigentumsvorbehalt ), kommt eine Aus- oder und Absonderung in Betracht. Sind die Gegenstände noch vorhanden, kann der Gläubiger diese herausverlangen.

Die angemeldeten Insolvenzforderungen werden in einem Prüfungstermin beim zuständigen Amtsgericht geprüft. Dabei kommen folgende Ergebnisse in Betracht:

Die angemeldete Forderung wird festgestellt. Die Feststellung zur Tabelle bedeutet das Anerkenntnis der Forderung dem Grunde und der Höhe nach. Bei Abschluss des Verfahrens nimmt die gesamte Forderung mit der ermittelten Quote an der Verteilung teil.

Die angemeldete Forderung wird bestritten. Das Bestreiten der Forderung bedeutet, dass der Insolvenzverwalter die angemeldete Forderung als nicht bestehend erachtet. Hier ist dem Gläubiger anzuraten, dem Insolvenzberater Nachweise für den Bestand der Forderung vorzulegen und ihn zur Anerkennung der Forderung zur Tabelle bewegen. Hilft das nicht, bleibt nur noch der Klageweg. Dann muss auf Feststellung der Forderung zur Insolvenzteabelle geklagt werden, wenn man nicht vollständig mit seiner Forderung ausfallen möchte.

Die angemeldete Forderung wird vorläufig bestritten. Das vorläufige Bestreiten der Forderung bedeutet, dass der Insolvenzverwalter die angemeldete Forderung noch nicht abschließend prüfen konnte. Auch hier ist dem Gläubiger anzuraten, dem Insolvenzverwalter Nachweise für den Bestand der Forderung vorzulegen und ihn zur Anerkennung der Forderung zur Tabelle zu bewegen. Nach Abschluss der Prüfung wird die Forderung dann entweder nachträglich zur Tabelle festgestellt oder aber endgültig bestritten. Im Falle des Bestreitens muss denn ebenfalls auf Feststellung der Forderung zur Insolvenztabelle geklagt werden, wenn man nicht vollständig mit seiner Forderung ausfallen möchte.

Die angemeldete Forderung wird anerkannt für den Ausfall. Dieser Sonderfall betrifft Gläubiger, die sich in ihrer Forderungsanmeldung auf Sicherungsrechte berufen und ab- oder ausgesonderte Befriedigung unter gleichzeitiger Anmeldung des Ausfalls beansprucht haben. Anerkannt für den Ausfall bedeutet, dass zunächst die Verwertung der Sicherheiten, auf die sich der Gläubiger beruft, zu erfolgen hat. Ist der Verwertungserlös der Sicherheit höher als die Forderung dieses Insolvenzgläubigers, so erhält er volle Befriedigung seiner Forderung. Der Rest der Sicherheit fließt der Insolvenzmasse zu. Ist der Verwertungserlös der Sicherheit hingegen geringer , nimmt dieser Insolvenzgläubiger mit dem verbleibenden Forderungsbetrag ( dem sog. Ausfall ) an der Auszahlung der Quote teil. Ein Absonderungsgläubiger ist beispielsweise ein Lieferant, der eine Ware unter verlängertem Eigentumsvorbehalt verkauft, oder eine Bank, die den Kredit, den sie dem Schuldner gewährt hat, durch eine Hypothek oder eine Grundschuld sicherte. Nur mit diesem Differenzbetrag ist der Gläubiger im Rahmen der Verwertung seiner Sicherheiten „ausgefallen”. Für den Ausfall anerkannte Forderungen gelten im Schlusstermin als bestritten.

 

Insolvenzanfechtung

Im Rahmen eines Insolvenzverfahren kann der Gläubiger mit seinen Forderungen nicht nur ganz oder teilweise leer ausgehen, sondern muss mitunter von seinem Schuldner erhaltene Leistungen wieder zur Masse erstatten. Dies wird in den §§ 129ff InsO geregelt.

Hauptanfechtungsgrund sind die kongruente Deckung i.S.d. § 130 InsO und die inkongruente Deckung i.S.d. § 131 InsO. Verkürzt dargestellt bedeutet die kongruente Deckung, dass dem Gläubiger innerhalb einer in § 130 InsO geregelten Frist eine ihm zwar zustehende Leistung vom Schuldner gewährt wurde, er jedoch von der Zahlungsunfähigkeit des Schuldners oder dem Insolvenzeröffnungsantrag wusste, während ihm bei der inkongruente Deckung Leistung des Schuldner gewährt wurden, die er nicht, nicht in dieser Art oder nicht zu dieser Zeit zu beanspruchen hatte. Daher sind die Voraussetzungen des § 131 InsO gegenüber dem § 130 InsO geringer, die darin geregelten Fristen gestaffelt.

Weitere Anfechtungsgründe ergeben sich aus den §§ 132 und 133 InsO, wobei es hier zu einem Zusammenwirken zwischen Insolvenzschuldner und seinem Gläubiger dergestalt kommen muss, dass der Insolvenzschuldner in Kenntnis seiner Zahlungsunfähigkeit ein Rechtsgeschäft mit dem Gläubiger tätigt und der Andere Kenntnis von der Zahlungsunfähigkeit hatte ( § 132 InsO ) bzw. der Insolvenzschuldner mit dem Vorsatz, seine Gläubiger zu benachteiligen, handelte und der Andere zur Zeit der Handlung diesen Vorsatz kannte ( § 133 InsO ). In diesem Fall können Rechtshandlungen sogar noch aus den vergangenen 10 Jahren angefochten werden.

ACHTUNG:  Gerade die Vorschrift des § 133 InsO ist brandgefährlich. Es kann für eine Anfechtung nach § 133 InsO schon ausreichen, wenn man sich mit dem Schuldner auf eine Ratenzahlung einigt. Die Kenntnis des Gläubigers von dem Benachteiligungsvorsatz des Schuldners wird nach der Beweislastregel des § 133 InsO zu Lasten des Gläubigers vermutet, wenn dieser von der drohenden Zahlungsunfähigkeit des Schuldners und davon, dass diese Handlung die Gläubiger benachteiligen könnte,wusste. Wer sich also auf eine Ratenzahlung mit einem Schuldner einlässt, muss damit rechnen, im Falle der Insolvenz des Schuldners vom Insolvenzverwalter auf Rückzahlung der erhaltenen Raten in Anspruch genommen zu werden. Mit dieser Vorschrift wird die Kenntnis der Zahlungsunfähigkeit des Schuldners vermutet !!  Der Gläubiger hat seine Unkenntnis zu beweisen, was bei einer Ratenzahlungsvereinbarung fast nicht denkbar ist.

Für die in den genannten Vorschriften genannten Fristen ist stets der Zeitpunkt des Insolvenzantrags maßgeblich.

 

Verbraucherinsolvenzverfahren

Ein Sonderfall der Insolvenz stellt die sog. Privatinsolvenz nach § 304 InsO dar. Dieses Insolvenzverfahren soll einer überschuldeten Privatperson die Möglichkeit eröffnen, von ihren Schulden weg und hin zu einem Leben ohne Schulden zu gelangen. Diese Möglichkeit der Entschuldung gilt allerdings nur für Forderungen, deren Ursprung nicht in einer deliktischen Handlung liegen. Wer also z.B. Schadensersatz aus einer unerlaubten Handlung ( z.B. einer vorsätzlichen Sachbeschädigung,  einer Körperverletzung, einer Unterschlagung oder eines Betrugs ) schuldet, wird sich dieses Anspruchs nicht durch ein Verbraucherinsolvenzverfahren entledigen können.

Grundsätzlich unterstehen alle anderen Forderungen, die vor Antragsstellung entstanden sind, den Regeln des Verbraucherinsolvenzverfahrens. Forderungen, die nach Eröffnung des Verbraucherinsolvenzverfahrens entstanden sind, fallen hingegen nicht darunter, sondern können somit weiterhin auf dem ordentlichen Rechtsweg geltend gemacht werden.

Eine Besonderheit besteht bei Mietverhältnissen, insbesondere bei Wohnraummietverhältnissen. Ist der Schuldner Mieter und zahlt er seine Miete nicht mehr,  ist für den Vermieter Vorsicht geboten. Eine etwaige fristlose Kündigung wegen Zahlungsverzugs kann wegen § 112 InsO unwirksam sein, wenn der Zahlungsverzug zwar vor Eröffnung des Verbraucherinsolvenzverfahrens entstanden war, die Kündigung aber erst danach dem Mieter zugeht. Eine auf diese Kündigung gestützte Räumungsklage wird keine Aussicht auf Erfolg haben, es sei denn, der Treuhänder ( so nennt man den Insolvenzverwalter im Verbraucherinsolvenzverfahrens ) würde die Freigabe des Mietverhältnisses nach § 109 Abs. 1 Satz 2 InsO erklären. Ratsam ist es in jedem Falle, erneut die Kündigung auszusprechen, wenn nach Eröffnung des Verbraucherinsolvenzverfahrens wieder ein kündigungsrelevanter Zahlungsrückstand erwachsen ist.

Verkehrsunfall

Nicht selten bereitet ein Verkehrsunfall, bei dem die Haftungsfrage klar zu sein scheint, in der Abwicklung Schwierigkeiten. Daher ist es ratsam, sich schon am Unfallort abzusichern und bei der Geltendmachung des Schadensersatzes mit Bedacht vorzugehen.

Wenn Sie einen Verkehrsunfall hatten, wickele ich Schadensregulierung gerne über meine Kanzlei für Sie ab. Dabei ist eine persönliche Vorsprache in meiner Kanzlei regelmäßig nicht erforderlich. Die erforderlichen Informationen und Unterlagen können Sie mir per Telefon, Telefax oder E-Mail übermitteln. Die meisten Kfz-Sachverständigen, bei deren Auswahl ich auch gerne behilflich bin, versenden Ihre Gutachten mittlerweile per E-Mail. So kann ein Gutachten auf dem direkten Weg zu mir gelangen. Natürlich stehe ich Ihnen auch persönlich zur Verfügung, in der Regel kann ich Ihnen einen Besprechungstermin binnen 24 Stunden anbieten.

Bei erfolgter Mandatierung wird ein Schaden noch an dem Tag gegenüber der gegnerischen Haftpflichtversicherung geltend gemacht, an dem die erforderlichen Unterlagen ( Gutachten, Unfallschilderung, Vollmacht ) vollständig zur Verfügung stehen. Auch dies erfolgt regelmäßig per E-Mail. Haben Sie eine E-Mail-Adresse bei mir hinterlegt, erhalten Sie jeweils den Schriftverkehr übermittelt, so dass Sie stets über den aktuellen Stand des Verfahrens informiert sind. Hinsichtlich meines Honorars rechne ich auf Basis des RVG ( Rechtsanwaltsvergütungsgesetz ) ab, und zwar gegenüber der Versicherung des Unfallgegners, soweit diese eintrittspflichtig ist. Das bedeutet für Sie, dass Sie regelmäßig wegen meiner Gebühren nicht in Anspruch genommen werden.

Sämtliche Schadensfälle werden ausschließlich von mir selbst bearbeitet. Das Regulierungsverhalten der Haftpflichtversicherer ist aber unterschiedlich und von mir nicht zu immer zu beeinflussen. Sie müssen auch bei augenscheinlich eindeutiger Sach- und Rechtslage mit einer gewissen Regulierungsdauer rechnen, zumal den Haftpflichtversicherern eine Schadensregulierungsfrist von einem Monat ab Kenntnis des Schadensfalls zugestanden wird, binnen der sie Nachforschungen anstellen und sich Gewissheit über ihre Einstandspflicht verschaffen können.

Nachstehend noch einige Hinweise und Erläuterungen:

 

Am Unfallort

  • Versuchen Sie in jedem Falle eine polizeiliche Unfallaufnahme zu erwirken.
  • Notieren Sie sich Datum, Uhrzeit und das amtl. Kennz. des anderen Fahrzeugs.
  • Notieren Sie innerorts die Örtlichkeit der Unfallstelle, also den oder die Straßennamen, außerorts die Straßennummer (z.B L 3003 oder B 8).
  • Notieren Sie sich den Namen und die Anschrift des anderen Fahrzeugführers und, wenn dieser nicht der Fahrzeughalter ist, auch den Namen und die Anschrift des Halters.
  • Fertigen Sie nach Möglichkeit Lichtbilder der Unfallörtlichkeit, der  beteiligten Fahrzeuge und deren Endstellungen an.
  • Fertigen Sie nach Möglichkeit eine Schilderung des Unfallhergangs nebst Skizze an, die beide, Sie und Ihr Unfallgegner, unterschreiben.

 

Schadenssicherung

  • Lassen Sie den Schaden an Ihrem Fahrzeug umgehend von einem unabhängigen Kfz-Sachverständigen begutachten.
  • Weisen Sie den Sachverständigen auf Ihnen bekannte Alt- und Vorschäden an Ihrem Fahrzeug hin, auch wenn diese Schäden nicht an der von dem neuerlichen Schaden betroffenen Stelle gelegen sind.

 

Schadensabwicklung

  • Anspruchsberechtigter ist i.d.R. der Eigentümer des Fahrzeugs. Das Eigentum am Fahrzeug muss gegebenenfalls durch Vorlage eines Kaufvertrags oder einer Anschaffungsrechnung nachgewiesen werden.
  • Bei finanzierten Fahrzeugen ist in aller Regel die finanzierende Bank Sicherungseigentümerin, bei geleasten Fahrzeugen die Leasinggesellschaft Eigentümerin des Fahrzeugs. Schäden am Fahrzeug sind, soweit es sich nicht um Bagatellschäden handelt, der finanzierenden Bank oder der Leasinggesellschaft zu melden. Gegebenenfalls muss eine Freigabe des Finanzierungsinstituts bzw. der Leasinggesellschaft eingeholt werden, damit Sie den Fahrzeugschaden im eigenen Namen geltend machen können. Dies ist in den Finanzierungs- bzw. Leasingverträgen und den darin einbezogenen AGB geregelt.
  • Versuchen Sie nicht, den Schaden selbst gegenüber der Versicherung der Gegenseite geltend zu machen. Bedienen Sie sich der Hilfe eines in Unfallsachen erfahrenen Rechtsanwalts.
  • Grundsätzlich hat die Versicherung  ab Kenntnis des Schadensfalls einen Monat Zeit, um Nachforschungen anzustellen und sich Gewissheit über ihre Einstandspflicht zu verschaffen.

 

Ausländische Versicherung?

Solange der Unfallgegner innerhalb der EU versichert ist, kann der Anspruch außergerichtlich und gerichtlich in Deutschland geltend gemacht werden. Die Schadensregulierung übernimmt ein Schadensregulierungsbeauftragter, den jede ausländischen Versichererung in Deutschland haben muss. Meist sind dies inländische Versicherungen oder spezielle Agenturen. Bei Unfällen im Ausland gilt allerdings das dortige Schadensrecht mit seinen Besonderheiten ( z.B. keine Ersatzfähigkeit von Sachverständigenkosten). Lesen Sie hierzu auch meinen Artikel zur Klagemöglichkeit im Inland gegen einen ausländischen Versicherer.

 

Wie wird abgerechnet?

Es wird unterschieden zwischen konkreter und fiktiver Abrechnung.

  • Bei einer konkreten Abrechnung lassen Sie ihr Fahrzeug reparieren und legen der Versicherung des Unfallgegners die Werkstattrechnung zur Zahlung vor.
  • Bei einer fiktiver Abrechnung verlangen Sie Bezahlung des Schaden auf Basis des eingeholten Schadengutachtens. Welcher Betrag letztendlich zur Auszahlung kommt, hängt von verschiedenen Faktoren ab. Übersteigen die Reparaturkosten brutto den sich aus dem Wiederbeschaffungswert abzüglich Restwert ergebenden Wiederbeschaffungsaufwand, so wird regelmäßig zunächst nur der Wiederbeschaffungsaufwand erstattet. Weisen Sie später die Reparatur des Fahrzeugs nach, kann eine Erstattung bis zur Höhe der Netto-Reparaturkosten in Frage kommen.
  • Einen Sonderfall stellt die sog. 130%-Regel dar. Auch im Falle eines wirtschaftlichen Totalschadens können Sie ihr Fahrzeug reparieren und konkret oder fiktiv abrechnen, soweit der Schaden nicht einen Betrag übersteigt, der mehr als 30% über dem  Wiederbeschaffungsaufwand liegt. Voraussetzung hierfür ist der Nachweis des sog. Restitutionsinteresses, der durch die Weiterbenutzung des Fahrzeug für mindestens weitere 6 Monate nach dem Unfall erbracht werden muss. 
  • Grundsätzlich werden bei fiktiver Abrechnung immer nur die Netto-Reparaturkosten ausbezahlt.
  • Ist Ihr Fahrzeug nicht älter als 3 Jahre, können Sie fiktive Abrechnung auf Basis der Stundenverrechnungssätze einer markengebundenen Vertragswerkstatt beanspruchen. Dies gilt auch dann, wenn Ihr Fahrzeug älter als 3 Jahre ist, ausnahmslos und durch das Serviceheft dokumentiert in einer markengebundenen Vertragswerkstatt gewartet und gegebenenfalls repariert wurde. Anderenfalls kann die Versicherung des Unfallgegners Sie auf eine günstigere Reparaturwerkstatt verweisen und ihrer Schadensabrechnung die günstigeren Stundenverrechnungssätze dieser Werkstatt zugrunde legen.
  • Die frühere Praxis, eine Wertminderung nur bei Fahrzeugen, die nicht älter als 5 Jahre sind und eine Laufleistung von nicht mehr als 100.000 km aufweisen, zu erstatten, ist überholt. Eine baualters- oder laufleistungsmäßige Grenze, bis zu der ein merkantiler Minderwert zu erstatten ist, existiert heute nicht mehr. Maßgeblich ist ausschließlich die Marktsituation. Allerdings können bei älteren Fahrzeugen ( nach 5 bzw. 10 Jahren ) Abzüge in Form einer Herabstufung in die nächst- bzw übernächst tieferen Fahrzeugklasse.
  • Die Kosten eines Mietwagens oder den Nutzungsausfall können Sie erstattet verlangen, wenn Sie eine Reparaturbestätigung oder den Nachweis der Anschaffung eines Ersatzfahrzeugs erbringen. Die Reparaturbestätigung sollte der Sachverständige ausstellen, der bereits das Schadengutachten erstellt hat. Bei kleineren Schäden kann es auch ausreichen, wenn Sie eine aktuelle Tageszeitung vor die instand gesetzte Schadensstelle und das Kennzeichen des Fahrzeugs halten und ein Foto anfertigen.
  • Wurden Sie verletzt, kann Ihnen ein Schmerzensgeld zustehen. Dieses ist in jedem Einzelfall zu bemessen, wobei die Art und Schwere der erlittenen Verletzungen, die Behandlungsdauer und natürlich die vollständige Wiederherstellung der Gesundheit gewichtige Faktoren sind. Daneben können Sie u. U. einen sog. Haushaltsführungsschaden geltend machen. Dazu mehr am Ende des Artikels.
  • Eine Wertminderung des Fahrzeugs steht bei finanzierten oder geleasten Fahrzeugen dem Eigentümer zu. Dies ist bei der Finanzierung i.d.R. die finanzierende Bank, sofern diese sich das Sicherungseigentum am Fahrzeug hat übertragen lassen. Beim Leasingfahrzeug ist es stets die Leasinggesellschaft, weil sie Eigentümerin des Fahrzeugs ist.

 

Kosten

Die Kosten des Sachverständigen, wie auch die Kosten des eingeschalteten Rechtsanwalts, werden bei voller Haftung des Unfallgegners von dessen Versicherung getragen.

 

Und wenn nicht oder nicht alles bezahlt wird?

Zahlt die Versicherung nicht oder nicht vollständig, führt nur der Weg über das Gericht zum Ziel. Wohl dem, der über eine Verkehrsrechtsschutzversicherung verfügt. Ein Rechtsstreit kann schnell teuer werden. Als KlägerIn müssen Sie zunächst die Gerichtskosten vorausbezahlen. Auch für ein eventuell einzuholendes Gutachten zum Unfallhergang, sofern dieser im Streit steht ( unfallanalytisches Sachverständigengutachten ), sowie zur Schadenshöhe, die regelmäßig im Streit steht, können Sie für die zu erwartenden Kosten eines Gutachtens vorschusspflichtig sein. Richten Sie sich darauf ein, dass seitens des Unfallgegners im Prozess ein umfassendes Bestreiten erfolgen wird, angefangen von der Klagebefugnis über den Schadenshergang bis hin zur Schadenshöhe. Als KlägerIn sind Sie für Ihr Eigentum am Fahrzeug, also Ihr Recht zur Beanspruchung eines Schadensersatzes, und für den Schaden dem Grunde und der Höhe nach darlegungs- und beweispflichtig. Am Ende trägt, wie im Zivilprozess üblich, derjenige die Kosten des Verfahrens, der im Rechtsstreit unterliegt. Bei teilweisem Obsiegen / Unterliegen werden die Kosten geteilt. Die Quote ergibt sich aus dem Verhältnis des Obsiegens zum Unterliegen.

 

Gegen wen und wohin richtet sich eine Klage?

  • Eine Klage kann gegen die Versicherung, den Fahrer und den Halter des unfallgegnerischen Fahrzeugs erhoben werden. Sie kann sich gegen einen oder mehrere der Haftenden richten. Wer gerichtlich in Anspruch genommen werden soll, hängt vom Einzelfall ab. Verlassen Sie sich hier auf das prozesstaktische Können Ihres eingeschalteten Rechtsanwalts. Es ist nicht immer sinnvoll, alle, insbesondere auch die Haftpflichtversicherung, zu verklagen. Manchmal muss man Umwege gehen, um zum Ziel zu kommen, beispielsweise durch eine Klage nur gegen den Fahrer und/oder Halter. Damit kann man mitunter die Verteidigungsmöglichkeiten der Versicherungen, die nicht verklagt wird, aushebeln und aus einem erwirkten Urteil den Freistellungsanspruch des Unfallverursachers gegenüber dessen Haftpflichtversicherer pfänden. Auch hierzu kann ich Ihnen gerne mit Rat und Tat zur Seite stehen.    
  • Örtlich zuständig für den oder die Beklagten ist das Gericht, in dessen Bezirk sich der Unfall ereignet hat. Daneben können die Versicherung, der Fahrer und der Halter auch an ihren allgemeinen Gerichtsständen ( Niederlassung bzw. Wohnsitz ) in Anspruch genommen werden.
  • Bei Unfällen im Ausland kann auch am Wohnort des Geschädigten Klage erhoben werden. Die Zustellung der Klage erfolgt nicht im Ausland an den dort ansässigen Versicherer, sondern im Inland an dessen Regulierungsbeauftragte. Hierzu verweise ich auf meine Ausführungen zur Entscheidun des EuGH, Urteil C 206-12, zur Zustellung einer Klage in Unfallsachen an den Regulierungsbeauftragten eines ausländischen Versicherers.
  • Beträgt die Klagesumme in der Hauptforderung nicht mehr als € 5.000,00, ist für die Klage das Amtsgericht zuständig. Anderenfalls ist die Klage beim übergeordneten Landgericht zu erheben.

 

Besonderheit Haushaltsführungsschaden

  • Wurden Sie bei einem Unfall so erheblich verletzt, dass Sie Ihren Haushalt nicht mehr führen und/oder Ihre Familie nicht mehr versorgen können, kommt die Geltendmachung eines sog. Haushaltsführungsschadens in Betracht. Der Haushaltsführungsschaden tritt regelmäßig ein, wenn der Geschädigte nicht mehr in der Lage ist, den Haushalt eigenständig zu führen. Dies kann bei stationären Klinikaufenthalten, wie auch bei Verletzungen, die zu Hause auskuriert werden müssen ( Bruch der Hand oder des Beins ), der Fall sein. Er kann konkret ( bei Einstellung einer Haushaltshilfe ) oder fiktiv berechnet werden. Ob der Geschädigte einen Ein-Personenhaushalt oder einen Mehr-Personenhaushalt führt, ist für den Anspruch dem Grunde nach unerheblich. Maßgeblich ist , in welchem Umfange er auf Hilfe Dritter angewiesen war. Die Berechnung des Schadensersatzanspruchs der Höhe nach ist komplex und wird von verschiedenen Faktoren, insbesondere vom Umfang der Haushaltstätigkeit und von der Beeinträchtigung der Ausführung durch die Verletzung bestimmt. Zur Ermittlung der Schadenshöhe gibt es einschlägige Rechtsprechung und Literatur, beispielsweise das Tabellenwerk von Schulz-Borck/Hofmann. Der BHG hat mit Urteil vom 03.02.09 ( VI ZR 183/08 ) entschieden, dass sich die Instanzgerichte mangels konkreter Anhaltspunkte an dieser Tabelle orientieren und sie einer Schadensschätzung nach § 287 ZPO zugrunde legen können. 

 

 

Wenn Sie noch Fragen haben, können Sie mich gerne kontaktieren. Bei der Auswahl eines Kfz-Sachverständigen kann ich gerne behilflich sein.