Schmerzensgeld nach einem Foulspiel beim Fussball
In dem diesem Urteil zugrunde liegenden Rechtsstreit geht es um die Haftung eines Spielers, der seinen Gegenspieler im Spiel schwer verletzt. Hierzu ist die Grenze zwischen sportlicher Härte und groben Foulspiel beim Fußball zu ermitteln, wann also eine eingetretene Verletzung noch als “Sportunfall” oder bereits als Körperverletzung zu bewerten ist. Im konkreten Fall standen sich an einem Sonntag zwei SOMA, Altherrenmannschaften, auf dem Platz gegenüber. Ein Spiel, in dem es um nichts weiteres ging, als um den Spaß am Spiel. Der rechte Verteidiger der Gastmannschaft nahm zwischen dem eigenen 16-Meter-Raum und der Mittellinie einen Abwurf seinen Torwarts auf und führte den Ball am rechten Fuß. Ein Angreifer der Gegenmannschaft grätschte, aus Sicht des Verteidigers von links hinten kommend, in ihn hinein. Ob er dabei den Ball spielte oder der Ball zuvor schon abgespielte worden war, ist streitig. Im Ergebnis kam es darauf aber nicht entscheidend an. Der Stürmer grätschte so in den Verteiger hinein, dass diesem trotz eines getragenen Schienbeinschoners das Schien- und Wadenbein seines Standbeins durchgetreten wurde, mit der Folge eines offenen Bruchs und Knochabsplitterungen.
Die Problematik dieses Rechtsstreits besteht in der Abgrenzung zwischen sportlicher Härte und groben Foulspiel. Nach der Rechtsprechung des BGH nimmt der Teilnehmer an einem sportlichen Kampfspiel grundsätzlich Verletzungen in Kauf, die auch bei regelgerechtem Spiel nicht zu vermeiden sind. Aus rechtlicher Sicht ist die Frage, ob der Ball vom Beklagten gespielt wurde, nicht allein entscheidend. Maßgeblich ist, ob es sich hierbei noch um einen fairen Zweikampf gehandelt hat. Hier kommt dem Regelwerk des DFB, das auch auf die Spiele einer SOMA Anwendung findet, Bedeutung bei, insbesondere der Auslegung der Spielregeln und der Richtlinien für Schiedsrichter. Als Zweikampf gilt danach der Kampf um Raum in Ballnähe mit Körperkontakt, jedoch ohne den Einsatz von Armen und Ellbogen. Im Zweikampf als unzulässig und als Vergehen zu ahnden sind Fahrlässigkeit, Rücksichtslosigkeit und übermäßige Härte. Fahrlässigkeit i.S.d. Regelauslegung liegt vor, wenn ein Spieler unachtsam, unbesonnen oder unvorsichtig in einen Zweikampf geht. Rücksichtslosigkeit i.S.d. Regelauslegung liegt vor, wenn ein Spieler ohne jede Rücksicht auf die Gefahr und die Folgen seines Einsteigens für seinen Gegner vorgeht. Übermäßige Härte i.S.d. Regelauslegung liegt vor, wenn ein Spieler übertrieben hart in einen Zweikampf geht und die Verletzung des Gegners in Kauf nimmt.
Das Landgericht Hanau hat nach umfangreicher Beweisaufnahme ein Grundurteil erlassen und die Haftung des Angreifers festgestellt. Dem Kläger wurde damit ein Schadensersatzanspruch dem Grunde nach zugesprochen. Über die Höhe des zu leistenden Schadensersatzes wird das Landgericht Hanau entscheiden, sobald sein Grundurteil, mit dem die Haftung des Schädigers festgestellt wurde, in Rechtskraft erwachsen ist. Das vollständige Urteil kann über den nachstehenden Link heruntergeladen werden.
LG Hanau Sportunfall beim Fußball
Das Urteil wurde mit der Berufung zum OLG Frankfurt am Main angefochten. Der zuständige 4. Zivilsenat des OLG Frankfurt hat der Berufung keine Aussicht auf Erfolg beigemessen und mit Beschluss vom 29.01.13 auf die beabsichtigte Zurückweisung der Berufung nach § 522 Abs. 2 ZPO hingewiesen. In seinem Beschluss vom 29.01.13 ist der Senat mit deutlichen Worten den Versuchen der Berufung, das Geschehene als “Sportunfall” darzustellen, entgegengetreten. Der Beschluss mit seiner beachtlichen Begründung kann über den nachstehenden Link heruntergeladen werden.
Auch der weitere schriftsätzliche Vortrag des Beklagten vermochte den Senat nicht zu überzeugen. Mit Beschluss vom 12.02.13 wies der Senat die Berufung nach § 522 Abs. 2 ZPO als offensichtlich unbegründet zurück. Dabei fand der Senat noch deutlichere Worte zum Haftungsgrund, als bereits zuvor im Hinweisbeschluss vom 29.01.13 geäußert. Der Beschluss kann über den nachstehenden Link heruntergeladen werden.
OLG Frankfurt Zurückweisungsbeschluss
Einen vergleichbaren Fall hatte bereits das LG Dortmund zugunsten eines Geschädigten entschieden, der nach einem Foulspiel eine schwere Knieverletzung davon trug. Der Gegenspieler wurde zu einer Schadensersatzzahlung in Höhe von € 50.000,00 verurteilt. Der 6. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Hamm hat die Rechtsauffassung des LG Dortmund mit Urteil vom 22.10.2012 (I-6 U 241/11) bestätigt. Das LG Hanau hat dem Geschädigten mit Urteil vom 11.12.2013 ein Schmerzensgeld von € 100.000,00 und weiteren Schadensersatz für getätigte Aufwendungen zugesprochen, ferner einen Feststellungsantrag auf Haftung für künftige, aus dem Ereignis resultierende Schäden positiv beschieden. Damit wurde eine der höchsten Schmerzensgeldzahlungen der letzten Jahre in vergleichbaren Fällen ausgeurteilt. Das Urteil kann über den nachstehenden Link heruntergeladen werden.
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