EuGH Urteil C 206-12 zur Zustellung einer Klage in Unfallsachen an den Regulierungsbeauftragten eines ausländischen Versicherers
Schon bei einem Verkehrsunfall in Deutschland mit einem deutschen Versicherer des Schädigerfahrzeugs ist nicht selten Ärger zu erwarten. Die Bearbeitung des Schadensfalles verzögert sich, der Versicherer zahlt nicht den gesamten Schaden…die Palette möglicher Ärgernisse ist groß. Als Alptraum erwies sich in früheren Tagen ein Unfall im Ausland mit einer dort ansässigen Haftpflichtversicherung des Unfallgegners. Dieser Schrecken ist durch europarechtliche Vorschriften und der weiten Auslegung derselben durch den Europäischen Gerichtshof ( EuGH ) deutlich gemildert worden.
1.) Nach der 4. KH-Richtlinie der EU aus dem Jahr 2000 wurden die Mitgliedsstaaten verpflichtet, nationales Recht richtlinienkonform umzusetzen und einen Direktanspruch des Geschädigten gegen den Haftpflichtversicherer des Schädigers einzuführen, soweit ein solcher Anspruch nicht schon bestand. In der Bundesrepublik Deutschland gab es einen Direktanspruch des Geschädigten gegen den Haftpflichtversicherer des Schädigers bereits zuvor, während dies beispielsweise in Großbritannien nicht der Fall war ( aber zwischenzeitlich ist ). Überdies, und das ist von besonderer Bedeutung, wurden die Mitgliedsstaaten verpflichtet, dass der Mitgliedstaat, in dem das Versicherungsunternehmen zugelassen ist, von diesem verlangt, in den anderen Mitgliedstaaten ansässige oder niedergelassene Schadenregulierungsbeauftragte zu benennen, die alle erforderlichen Informationen über Schadensfälle zusammentragen, die auf solche Unfälle zurückgehen, und geeignete Maßnahmen zur Schadenregulierung im Namen und für Rechnung des Versicherungsunternehmens, einschließlich einer entsprechenden Entschädigungszahlung, ergreifen. Dies ermöglichte es dem Geschädigten, seine Ansprüche gegen einen ausländischen Haftpflichtversicherer in seinem Heimatland und vor allem in seiner Sprache geltend zu machen.
2.) Mit seinem Urteil vom 13.12.07 legte der EuGH die 4. KH-Richtlinie der EU dahingehend aus, dass der Geschädigte eines im Ausland erlittenen Verkehrsunfalls den ausländischen Haftpflichtversicherer des Unfallgegners vor dem sachlich zuständigen Gericht seines Heimatortes in Anspruch nehmen kann, wenn der Haftpflichtversicherer seinen Sitz in einem Land der EU hat und im Unfallland der Direktanspruch gegen den Haftpflichtversicherer gegeben ist.
Beispiel: Ein Geschädigter mit Wohnsitz in Frankfurt am Main erleidet in Brüssel einen Verkehrsunfall, an dem ein in Belgien zugelassenes und bei einem Haftpflichtversicherer mit Sitz in Belgien versichertes Fahrzeug beteiligt ist. Im Streitfall kann der Geschädigte den belgische Versicherer vor dem Amts- oder Landgericht Frankfurt am Main -welches Gericht zuständig ist, hängt vom der Höhe der Klageforderung, dem Gegenstandswert, ab- verklagen. Allerdings ist in materiell-rechtlicher Hinsicht das Recht des Staates anzuwenden, in dem sich der Unfall ereignet hat. Im vorstehenden Beispiel käme also belgisches Schadensrecht zur Anwendung.
Der Direktanspruch gegen den Versicherer ist in nahezu allen Ländern der EU umgesetzt worden, soweit ein solcher nicht bereits bestand.
3.) Mit seinem Urteil vom 10.10.13 ( Az. C 306-12 ) hat der EuGH die Rechte des Geschädigten nochmals gestärkt. Während bis dahin die Gerichte eine Klage noch dem Haftpflichtversicherer im Ausland zustellen mussten -eine zeitaufwendige Prozedur- befand der EuGH nun, dass eine Zustellug an den inländischen Schadensregulierungsbeauftragten ausreichend sei. Wörtlich führt die 2. Kammer des EuGH im Urteil vom 10.10.13 aus:
“Art. 21 Abs. 5 der Richtlinie 2009/103/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. September 2009 über die Kraftfahrzeug-Haftpflichtversicherung und die Kontrolle der entsprechenden Versicherungspflicht ist dahin auszulegen, dass zu den ausreichenden Befugnissen, über die der Schadenregulierungsbeauftragte verfügen muss, die Vollmacht gehört, die Zustellung gerichtlicher Schriftstücke, die für die Einleitung eines Verfahrens zur Regulierung eines Unfallschadens vor dem zuständigen Gericht erforderlich sind, rechtswirksam entgegenzunehmen.”
Ein großer Schritt hin zu einer Vereinfachung und Beschleunigung der Abwicklung von Unfallsachen mit Auslandsberührung.
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